Die soziale Dimension des Wohnens sichern

Die ordnungspolitischen Vorgaben für die Immobilienwirtschaft werden im Bereich des Wohnens immer umfangreicher und strenger. Wie kommunale Unternehmen dabei ihren sozialen Auftrag erfüllen können, thematisierten die Mitglieder der Vereinigung baden-württembergischer kommunaler Wohnungsunternehmen (KoWo) bei ihrer Frühjahrstagung Ende April in Mannheim.

„Die Politik bestimmt unser Handeln immer stärker“, so Peter Bresinski, Vorsitzender der KoWo und Geschäftsführer der GGH Heidelberg. „Die zahlreichen ordnungspolitischen Vorgaben führen aber zu zusätzlichen finanziellen Belastungen der Unternehmen und/oder der Mieter. Kaum ein Wohnungsunternehmen kann auf Dauer diese Mehrbelastungen alleine tragen.“ Die KoWo-Mitglieder wie auch die Referenten kritisieren den Widerspruch in der Politik, auf der einen Seite mehr kostengünstigen Wohnraum zu fordern und auf der anderen Seite Rahmenbedingungen zu schaffen, die zu Kostensteigerungen führen.

Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.: „Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist ein wohnungspolitischer Dreiklang aus Stärkung der Investitionstätigkeit, Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus und einer ausgewogenen miet- und sozialwohnungspolitischen Flankierung vorgesehen. Hiervon kann mit Sicherheit nicht gesprochen werden.“ Gut seien lediglich die Erhöhung der Städtebauförderungsmittel und das Programm Soziale Stadt. Das „schlechteste Projekt“ ist die Mietpreisbremse: „Das Ergebnis wird weniger Wohnungsneubau sein. Oder kommunale Unternehmen werden von ihrem Gesellschafter trotzdem zum Bauen angehalten und bekommen dann Probleme mit der Ertragslage. So, wie die Bremse gemacht worden ist, hat sie viele Kollateralschäden und trifft nicht nur die grau-schwarzen Schafe. Die Bevölkerung glaubt jetzt aber, dass sie vor jeglichen Mieterhöhungen geschützt sei.“

„Wir müssen zyklisch und langfristig denken“, fordert Dr. Rainer Braun, Vorstand der empirica AG in seinem Vortrag „Neue Wohnungsknappheit in Innenstädten – Ursachen und Abhilfen“. „Wir sind jetzt am Ende des aktuellen Zyklus angelangt; die Mietpreise steigen nur noch wenig. Insgesamt liegen sie 10 bis 15 Prozent über den Preisen von 2004.“ Von 2006 bis 2010 wurden in Deutschland 500.000 Wohnungen zu wenig gebaut, in Baden-Württemberg 50.000. „Deutschland sortiert sich neu. Die steigende Nachfrage an bestimmten Orten führt zu Schrumpfungen in anderen. Auch in Baden-Württemberg wird die Bevölkerung ab- und der Leerstand zunehmen. Die richtigen Objekte müssen am richtigen Ort gebaut werden, ansonsten entsteht unnötiger Leerstand.“

In der Podiumsdiskussion fragte Dagmar Lange, Journalistin der Immobilienzeitung, ob Baden-Württemberg ein wohnungspolitisches Entwicklungsland sei. Tobias Wald, MdL und wohnungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, zählte die ersten Maßnahmen der grün-roten Landesregierung auf: Erhöhung der Grunderwerbssteuer, Zweckentfremdungs- und Umwidmungsverbot. „Das alles sind Maßnahmen, die den Wohnungsbau verteuern. Wohnungswirtschaft rechnet sich für viele nicht mehr. Gegen steigende Mietpreise benötigen wir mehr Freiräume, positive Rahmenbedingungen, Stimulation für den Wohnungsbau und weniger Bürokratie.“

Johannes Stober, MdL und wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, widersprach: „Wir waren im sozialen Wohnungsbau Entwicklungsland, bevor wir an die Regierung gekommen sind. Das Landeswohnraumförderungsprogramm war am Anfang nicht optimal, aber jetzt wird es ordentlich abgerufen. Wir brauchen natürlich mehr Wohnungsbau und müssen ihn insgesamt in Schwung bringen, nicht nur den sozialen Wohnungsbau. Hier ist das Niveau noch nicht ausreichend.“
Mannheims Baubürgermeister Lothar Quast stellte fest, dass für die Kommunen nicht allgemeine politische Diskussionen, sondern die Anwendbarkeit der Instrumente relevant seien. „Wichtig und stabilisierend in Mannheim ist die Tradition, dass wir über unsere Wohnungsgesellschaft hohe Bestände an preiswerten Wohnungen halten. Das führt zu einer hohen sozialen Befriedung. Mit Mitteln der Stadterneuerung haben wir erhebliche Bestände modernisiert.“

Auch die Finanzausstattung für den Wohnungsneubau wurde intensiv diskutiert. „Das gesamte Förderprogramm ist von energetischen Sanierungskomponenten durchzogen. Wir brauchen einen gut funktionierenden sozialen Wohnungsbau – dafür stehen aber nur 40 Mio. Euro zur Verfügung. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein“, so Peter Bresinski. „Die kommunalen Wohnungsunternehmen halten den günstigen Wohnraum hoch. Wir vermissen aber Impulse vom Land.“ Johannes Stober bestätigte, dass noch mehr Mittel notwendig sind. Tobias Wald regte an, dass Gelder aus dem allgemeinen Steueraufkommen zusätzlich in den Wohnungsbau fließen sollten. Er sieht in der Konversion eine „unwahrscheinliche Chance“, um Bauland und Wohnen wieder preiswerter zu machen. „Können die kommunalen Unternehmen und die Genossenschaften günstig bauen, haben wir ganz andere Mietpreise in Baden-Württemberg. Diese Chance hat die Landesregierung bislang nicht angenommen. Dabei gibt es hier 35 Gemeinden, die mit Konversionsaufgaben befasst sind und Unterstützung benötigen.“

Zur Mietpreisbremse merkte er an, dass eine höhere Afa sinnvoller sei, weil dann automatisch mehr Wohnungen gebaut würden. Seine Partei möchte deshalb der SPD eine entsprechende Bundesratsinitiative vorschlagen. Dr. Reiner Braun bewertet die Afa kritisch: „Damit werden auch Wohnungen in Schrumpfungsregionen und Luxuswohnungen gefördert. Die Afa hilft nicht den Haushalten, denen man wirklich helfen will. Überhaupt profitieren von den politischen Maßnahmen die Transferleistungsempfänger und die Haushalte im oberen Bereich. Es gibt aber ein breites Feld von Haushalten, die nicht vom Staat behütet werden und denen nach Abzug der Miete teils nicht mehr verfügbares Einkommen bleibt als den Transferleistungsempfängern.“ Johannes Stober verspricht, über den Gesetzentwurf zur Mietpreisbremse noch im Detail zu reden. „Die Bremse sollte nur in den Bereichen angewendet werden, wo wirklich Wohnungsnot herrscht.“ Axel Gedaschko fürchtet: „Das System des deutschen Mietrechts hat sich über Jahrzehnte entwickelt und austariert. Mit der Mietpreisbremse wird es mit einem Schuss aus der Balance gebracht, sodass sich die Strukturen langfristig verändern.“

Beim Blick in die Zukunft ergibt sich ein breites Vorstellungsbild. Johannes Stober: „Die Mietpreisbremse wird positiv geklärt sein zugunsten der Investitionssicherheit. Wir werden mit Nachsteuerungen Schwung ins soziale Wohnraumprogramm gebracht haben.“ Tobias Wald sieht eine Forcierung des Wohnungsbaus mit der Wahl einer neuen Landesregierung. Und Peter Bresinski hofft: „In zwei Jahren wird die Politik begriffen haben, dass keine Maßnahmen mehr beschlossen werden, die das Bauen noch teurer machen. Wir werden das jetzige Anforderungsniveau an die Energieeffizienz halten, aber nicht noch weiter anheben. Die kommunalen Wohnungsunternehmen werden – wie üblich – dazu beigetragen haben, dass die Mittel aus dem Landeswohnraumförderungsprogramm so gut wie möglich abgerufen werden – 80 Prozent der Anträge werden schon jetzt von uns gestellt.“

Heidelberg, 02.06.2014

KoWo Vereinigung baden-württembergischer kommunaler Wohnungsunternehmen 
c/o GGH Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz mbH Heidelberg

Bluntschlistraße 14
69115 Heidelberg

Ihr Ansprechpartner
Peter Bresinski, Vorsitzender der KoWo und Geschäftsführer der GGH
Tel.: 0 62 21/53 05-203
GF@ggh-heidelberg.de

Über die KoWo
In der Vereinigung baden-württembergischer kommunaler Wohnungsunternehmen, kurz KoWo, haben sich rund 60 kommunale und landkreisbezogene Wohnungsunternehmen zusammengeschlossen. Sie verwalten über 150.000 Mietwohnungen und gehören mit einem Investitionsvolumen von über 500 Millionen Euro zu den wichtigsten Auftraggebern der heimischen Bauwirtschaft. Ziel der seit 1990 bestehenden Vereinigung ist es, ihre spezifischen Interessen auf Landesebene zu vertreten und zu bündeln.

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