Nachhaltige Baumaterialien in der Praxis

Die kommunalen Wohnungsunternehmen in Baden-Württemberg bauen Tausende neue Wohnungen. Bei diesem hohen Bauvolumen ist auch die Ressourceneffizienz ein wichtiger Aspekt. Rund 40 Geschäftsführer kommunaler Unternehmen haben sich deshalb im November bei einer Tagung in Reutlingen mit nachhaltigen Baumaterialien beschäftigt.

"Angesichts der Preisdiskussion ist die Nachhaltigkeit beim Bauen in den Hintergrund getreten", so Oberbürgermeisterin Barbara Bosch in ihrer Begrüßung der Teilnehmer. "Dabei gehört das Thema in eine Zeit, in der so viel gebaut wird."

Ressourcenintensives Bauwesen
Das Bauwesen ist ein sehr ressourcenintensiver Wirtschaftszweig. In Deutschland werden pro Jahr 517 Millionen Tonnen mineralischer Rohstoffe verbaut - was 90 Prozent der gesamten inländischen Entnahme entspricht. Schätzungen zufolge umfasst der hiesige Gebäudebestand rund 15 Milliarden Tonnen Material[1]. Dieser Rohstoffeinsatz birgt große Einsparpotenziale.

Schwerpunkte der Tagung waren die Materialien Recyclingbeton und Holz. Florian Knappe vom ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH stellte Recyclingbeton (R-Beton) als Baustoffalternative vor: "Dieser Beton hat die gleichen Eigenschaften wie regulärer Beton. Der einzige Unterschied besteht darin, dass ein Teil der Steine durch ein Material mit Vorleben ersetzt wird - Gesteinskörnungen aus Altbeton."

Ein Verbundforschungsvorhaben unter Führung der TU Darmstadt legte in den 1990er-Jahren die Basis für den Einsatz von R-Beton. Während in Deutschland zunächst nur wenige Gebäude mit diesem Baustoff errichtet worden sind, deckt die Schweiz mittlerweile knapp 15 Prozent der gesamten Beton-Nachfrage mit R-Beton.

Projekte mit Recyclingbeton
In Baden-Württemberg hat insbesondere der Bau- und WohnungsVerein Stuttgart Erfahrung mit R-Beton. Im Pilotprojekt errichtete er zwei Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage mit R-Beton. Die Zuschlagstoffe stammten aus dem Abriss von Gebäuden auf den gleichen Grundstücken. Inzwischen hat das Unternehmen bei mehreren Projekten R-Beton eingesetzt. Thomas Wolf, Vorstandsvorsitzender, empfahl den Tagungsteilnehmern, Betonarbeiten auch mit R-Beton auszuschreiben. Die Erfahrungen seien gut, allerdings könne je nach Region die Verfügbarkeit des Materials den Einsatz behindern.

Dominik Buchta, Geschäftsführer der Stadtsiedlung Heilbronn GmbH, bestätigte die positiven Erfahrungen. Die Stadtsiedlung hat mit dem Wissenschafts- und Technologiezentrum das bundesweit erste Hochhaus aus R-Beton errichtet. Mehr als 20 Prozent der verwendeten Gesteinskörnungen stammen aus aufbereitetem Altbeton. Das Gebäude ist mit dem DGNB-Zertifikat in Gold ausgezeichnet.

Projekte im Holzbau
Auch mit zwei weiteren Leuchtturmprojekten in Holzhybridbauweise setzt die Stadtsiedlung auf Nachhaltigkeit: dem Kinderhaus "KINJA" mit hohem Anspruch an die Lebenswelt von Kindern und die Architektur sowie dem zehngeschossigen Hochhaus "SKAIO". Es wird einen deutschen Höhenrekord im Holzbau markieren. Beide Gebäude sind Teil der Stadtausstellung Neckarbogen und damit der Bundesgartenschau.

Dominik Buchta: "Die Holzbauweise hat viele Vorteile, insbesondere bei der Schnelligkeit im Bau und der hohen Ausführungsqualität. Das Raumklima ist hervorragend; die Menschen fühlen sich wohl darin." Allerdings gibt es in Deutschland bislang wenige Architekten und Firmen für solche Projekte, und viele Details des SKAIO werden zum ersten Mal entwickelt. Die Planung ist im Holzbau aufwändiger.

Ralf Güthert, Geschäftsführer der GWG - Wohnungsgesellschaft Reutlingen mbH, stellte das TIMBERQuartier mit 29 Doppelhaushälften und Reihenhäusern sowie 21 Wohnungen im Mehrgeschosser vor. Hierfür hat die GWG mit einem Bauträger kooperiert. Auch Ralf Güthert warb für die Vorteile von Holz: "Die gesunde, ökologische Bauweise wird sehr gut angenommen." Der Kindergarten des Quartiers ist in Modulbauweise in nur acht Monaten Bauzeit errichtet worden. Im Quartier werden naturbelassene Holzspäne aus Fichtenholz als Wärme- und Schalldämmstoff für Dächer, Decken und Wände eingesetzt.

"Es geht den kommunalen Unternehmen nicht nur darum, möglichst schnell bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wir achten dabei auch auf die architektonische und ökologische Qualität und schaffen so gefragte Quartiere für die nächsten Jahrzehnte. Wir verstehen uns als Vorreiter einer Wohnungs- und Stadtentwicklung, die gleichermaßen an den Bedürfnissen der Menschen und der Umwelt ausgerichtet ist", fasste Peter Bresinski, Vorsitzender der Vereinigung baden-württembergischer kommunaler Wohnungsunternehmen und Geschäftsführer der GGH Heidelberg, die Tagung zusammen.

[1] VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH, www.ressource-deutschland.de/themen/bauwesen

Webseite der KoWo: www.kowo-bw.de

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