25.04.2024
Einfach (Um-)bauen und Sanieren: TU München und GGH Heidelberg starten Modellprojekt im Quartier Pfaffengrund
Die Technische Universität München (TUM) und die Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz mbH (GGH) Heidelberg entwickeln im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojekts unterschiedliche Sanierungsstrategien zum Erreichen der CO2-Neutralität unter Berücksichtigung des Performance Gap sowie der Wirtschaftlichkeit mit Fokus auf den sozialen Wohnungsbau. Dafür werden an sieben baugleichen Häusern der GGH im Quartier Pfaffengrund unterschiedliche Sanierungsmaßnahmen umgesetzt.
Die baugleichen Zeilenhäuser im Vordergrund sind Bestandteil des gemeinsamen Forschungsprojekts der TU München und der GGH. Foto: GGH/Christian Buck
Ist die Vollsanierung des Wohnungsbestandes auf Neubauniveau alternativlos? Sind möglicherweise einfachere Strategien effektiver, kostengünstiger und könnten eine Beschleunigung der energetischen Bestandssanierung befördern? Um diese Fragen zu klären, sollen minimalinvasive Sanierungsansätze für eine nachhaltige Transformation des Bestands in der Praxis erprobt und überprüft werden. Dafür werden an sieben baugleichen Zeilenhäusern der GGH in der Pfaffengrund-Siedlung in Heidelberg unterschiedliche Maßnahmen umgesetzt und miteinander verglichen. Die Häuser der 50er und 60er Jahre sind weit verbreitet und in nahezu jeder Stadt Deutschlands anzutreffen. Als Referenzvariante dient eine Vollsanierung nach dem EH-55-Standard.
Lösungen für nachhaltige Transformation von Gebäudekomplexen
„Für ganzheitliche Strategien im Gebäude-Stadt-Kontext ist es notwendig, die verschiedenen Ebenen nicht getrennt voneinander zu optimieren, sondern ein Umdenken hin zur ganzheitlichen Betrachtung von Zusammenhängen zwischen Architektur und Technik, Gebäude und Stadt voranzutreiben. Das Forschungsprojekt bringt wertvolle Erkenntnisse in Bezug auf eine weit verbreitete Gebäudetypologie. Die Ergebnisse sollen weiter verallgemeinert werden, sodass anhand dieses Beispiels auch generelle Aussagen getroffen werden können“, so Professor Dipl.-Ing. Thomas Auer, Leiter des Lehrstuhls für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen an der TU München. Der Lehrstuhl erforscht die zukünftige Transformation der gebauten Umwelt und entwickelt gemeinsam mit Architekten, Ingenieuren und Stadtplanern ganzheitliche Lösungsansätze.
Die Ergebnisse des Modellprojekts sollen in einem Forschungsbericht dargestellt werden. Zusätzlich soll das Fazit in einem Symposium 2025 vorgetragen und in die Politikberatung im Rahmen des Strategiedialogs „Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen“ (SDB) des Landes Baden-Württemberg einfließen. Die GGH hat sich im Rahmen des Strategiedialoges und ihrer eigenen Unternehmensstrategie 2035 zur Mitwirkung an dem Modernisierungsprojekt bereit erklärt, das ein Förderprojekt des SDB ist.
„Als Gesellschaft innerhalb des Konzerns Stadt Heidelberg fühlen wir uns den Klimaschutzzielen der Stadt verpflichtet und leisten bereits seit Jahren einen aktiven Beitrag zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Gleichzeitig müssen wir Klimaschutz so ausgestalten, dass er auch für Haushalte mit unterem und mittlerem Einkommen bezahlbar ist“, sagt Peter Bresinski, Geschäftsführer der GGH. Entscheidend sei eine kluge Auswahl an Instrumenten, die zu den Nachhaltigkeitszielen beitragen und keine hohen Folgekosten haben. „Es muss nicht immer der Top-Standard sein, der viel kostet. Die Auswahl der Maßnahmen erfolgt technologieoffen und sollte in der Breite den höchsten Nutzen bringen. Durch das Modellprojekt im Pfaffengrund erhoffen wir uns weitere Erkenntnisse dazu und zukunftsfähige sowie nutzerfreundliche Lösungsansätze“, so Bresinski.
Baumaßnahmen starten im Sommer
Die Forschungsgruppe Einfach Bauen der TU München führt ein Energieverbrauchs-Monitoring vor und nach der Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen im Betrieb der Gebäude durch, sodass daraus Tendenzen zu verändertem Nutzerverhalten (Rebound-Effekt) sowie der in der Planungsphase prognostizierten und im tatsächlichen Betrieb gemessenen Energieverbräuche (Performance Gap) abgeleitet werden können. Tatsächliche Effekte verschiedener Strategien der energetischen Sanierung können so belegt werden.
Zur Messung der erforderlichen Daten haben die Wissenschaftler der TU München bereits einzelne Wohnungen mit Messboxen ausgestattet. Diese sollen neben den zentralen Ergebnissen aus den jährlichen Heizkostenabrechnungen auch wichtige Daten zur Entwicklung des Raumklimas hinsichtlich Raumtemperatur und -feuchtigkeit sowie zum CO2-Gehalt ermöglichen.
Die Grundlagen der einzelnen Sanierungsvarianten werden im ersten Halbjahr 2024 erarbeitet, sodass noch im selben Sommer die bauliche Umsetzung erfolgt. Das Projekt soll in zwei Bauabschnitten umgesetzt werden. Im kommenden Winter kann das zweite Verbrauchsmonitoring durchgeführt werden. Die GGH verantwortet die Planung, Ausschreibung, Bauleitung und Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen.