Wohnungen digital am Schreibtisch

Spezielle Apps und Software können die Abläufe auch in der Wohnungswirtschaft verbessern und für mehr Kundenservice sorgen. Wie, das diskutierten rund 50 Vertreter baden-württembergischer kommunaler Wohnungsunternehmen mit Experten aus Forschung und Praxis im November in Tuttlingen. Gastgeber war die Tuttlinger Wohnbau, die in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen feiert.

"Zur Digitalisierung gehört mehr, als die "Digital Natives" online nach ihren Wohnwünschen zu befragen", so Thorsten Bölting, Geschäftsführer der InWIS Forschung & Beratung GmbH. Es geht um den klugen Einsatz bereits vorhandener Technologien, zum Beispiel von Tablets mit entsprechender Software zur Prüfung der Verkehrssicherung oder der Wohnungsabnahme. Ebenso geht es darum, technologische Innovationen voranzubringen.

Neue Prozesse und Strategien für höhere Ansprüche
"Durch digitale Technologien kann man schneller auf Daten zugreifen, sie sortieren und in neue Kontexte stellen. Daten selbst werden zum Produkt - auch in der Wohnungswirtschaft", sagt Thorsten Bölting. Aus den gespeicherten Daten lassen sich Erkenntnisse zum Beispiel zu Zielgruppen und Kundenwünschen gewinnen und standortbezogene Strategien ableiten. Dabei muss der Datenschutz beachtet werden - Widerstände in Bezug auf die Nutzung der Daten sind zu erwarten.

Die Innovationsfelder der Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft sind das intelligente Gebäude, individualisiertes Wohnen, betriebliche Optimierung und neue Kundenansprache. Am Beispiel von smart metering zeigt sich für Thorsten Bölting auch das damit in der Außenwirkung verbundene Problem: "Wenn Sensoren gut funktionieren, bemerkt man sie in der Wohnung eigentlich gar nicht. Die Vorteile dieser Technik und der Vernetzung sind für die Nutzer oft nicht zu fassen."

Größter Treiber der Digitalisierung innerhalb von Unternehmen ist der Wunsch, Prozesse zu optimieren. Extern sind es die Ansprüche der Kunden. Unternehmen können sich Wettbewerbsvorteile durch Technologien verschaffen, die noch nicht jeder im Einsatz hat. Das bedeutet einen großen Aufwand, den mittelständische Unternehmen häufig nicht leisten können.

Zeitersparnis und Transparenzgewinn mit speziellen Apps
Aus der Praxis berichteten Matthias Schweizer, Geschäftsführer der Wohnbau GmbH aus Bonn, und Konstanze Weller, Leiterin Mobile Devices der Wohnbau GmbH. "Wir haben rund 1.600 Mietwechsel im Jahr. Bislang bedeutete dies vor allem viel Papier. Seit 2014 arbeiten wir mit iPads, auf denen Apps mit automatischer Daten-Synchronisation installiert sind. Der Prozess geht schneller, die Kommunikation ist klarer, und es gibt weniger Rückfragen. Statt vorher durchschnittlich 50 Minuten werden nun 20 Minuten zur Wohnungsübergabe aufgewendet."

Die Wohnbau GmbH hat alle Wohnungen digital aufgenommen und pflegt sie akribisch: "Mit diesen Daten bekommen wir die Wohnung transparent an den Schreibtisch." Alle Hausmeister können mit iPads auf diese Daten zugreifen. Für die Wohnungsübergabe gab es keine integrierte Software-Lösung am Markt, weshalb das Unternehmen selbst eine entwickelt hat. Zudem werden eingekaufte und weiter entwickelte Apps wie ein Streubuch und eine App für Verkehrssicherungspflicht verwendet. Die Wohnbau hat auch am Instandhaltungstool einer wohnungswirtschaftlichen Software mitgearbeitet.

Die Apps werden von allen Anwendern und Fachbereichen akzeptiert. "Ihr Einsatz trägt unserer dezentralen Aufstellung Rechnung und hilft dabei, Prozesse innerhalb des Unternehmens zu harmonisieren. Die Durchlaufzeiten werden verkürzt, die Datenqualität verbessert."

Starke Partner
Begrüßt wurden die Teilnehmer von Oberbürgermeister Michael Beck. "Tuttlingen ist Weltzentrum der Medizintechnik mit über 400 Unternehmen. Wir haben 35.000 Einwohner und 24.000 Arbeitsplätze. Uns geht es auch deshalb gut, weil wir die Wohnbau haben." Auch in Tuttlingen spüre man die Folgen, dass es seit 20 Jahren keinen sozialen Wohnungsbau mehr gibt. Gleichzeitig falle es mit den heutigen Verordnungen zunehmend schwer, Wohnraum zu schaffen, der bezahlbar ist. "Die Wohnbau regelt den Wohnungsmarkt für die Stadt, wofür ich sehr dankbar bin. Wenn es sie nicht gäbe, wären viele Problemquartiere nicht entwickelt worden."

Horst Riess, Geschäftsführer der Tuttlinger Wohnbau, gab das Kompliment gern zurück: "Wir sind stolz auf unsere Stadt, und der Oberbürgermeister ist es. Diese Stadt ist gut unterwegs!" Zum Beweis zeigte er den Vertretern der kommunalen Unternehmen vergangene und aktuelle Projekte aus den mittlerweile 75 Geschäftsjahren. Die Tuttlinger Wohnbau besitzt 1.650 Mietwohnungen und hat mehr als 4.800 Wohneinheiten erstellt. Zudem verwaltet sie 1.450 Eigentumswohnungen. Die Projektentwicklung hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, wozu beispielsweise auch Hotels gehören.

Über die KoWo
In der Vereinigung baden-württembergischer kommunaler Wohnungsunternehmen, kurz KoWo, haben sich rund 60 kommunale und landkreisbezogene Wohnungsunternehmen zusammengeschlossen. Sie verwalten über 150.000 Mietwohnungen und gehören mit einem Investitionsvolumen von über 500 Millionen Euro zu den wichtigsten Auftraggebern der heimischen Bauwirtschaft. Ziel der seit 1990 bestehenden Vereinigung ist es, ihre spezifischen Interessen auf Landesebene zu vertreten und zu bündeln.

Webseite der KoWo: www.kowo-bw.de

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